Nikolas Samios

PT1 – PropTech1 Ventures, Managing Partner



Nikolas Samios ist Managing Partner von PropTech1, PropTech-Beauftragter beim Immobilienverband ZIA und Co-Chair der ESG-Taskforce des Bundesverbands Deutsche Startups e.V. Gemeinsam mit PropTech1 Co-Geschäftsführerin Anja Rath setzt er sich aktiv für mehr Gründerinnen in Deutschland ein. Diversität in Unternehmensführungen ist für ihn nicht nur eine Frage von Chancengleichheit, sondern eine ökonomische Notwendigkeit. 

Nikolas Samios Foto: ©Nikolas Samios



„Es gibt viel zu wenige Unternehmensgründerinnen in Deutschland. Wir setzen uns dafür ein, dass mehr Frauen das Thema Gründung als persönliche Karriere- und Lebensoption erkennen und nicht aus Sorge über die zu schwierige Vereinbarkeit mit der Familie den vermeintlich sicheren Weg wählen.“ 

Was macht dich zum Male Ally?

Meiner Meinung nach ist das Streben nach Gleichberechtigung und Diversität eine gesellschaftliche Selbstverständlichkeit, durch die ESG-orientierte Good Governance alternativlos und auch aus kapitalistischem Blickwinkel hoch sinnvoll. Das spreche ich aus und handle danach. In unserem Unternehmen PropTech1 herrscht deshalb operativ und auf Partner- und Geschäftsführungs-Level schon immer Parität und wir arbeiten über verschiedene Formate und mit Verbänden aktiv daran, weiblichen und diversen Nachwuchs in der Gründungsszene zu fördern.

 

Warum ist unsere Welt ein besserer Ort, wenn Frauen und Männer gleiche Rechte und Chancen haben?

Weil es absolut keinen Grund gibt, warum es nicht so sein sollte und es auch wirtschaftlich höchst ratsam ist.

 

„Jedes Unternehmen, das 50% des Talente-Pools ignoriert, weil es verkrustete Strukturen nicht aufbricht, schießt sich ins Knie“

 

Warum braucht die Immobilienbranche mehr Frauen in Führung?

Keine Industrie – im Kontext der massiven Transformations-Herausforderungen eben auch gerade die Immobilienbranche – kann es sich leisten, nicht alles Potenzial ihrer Workforce zu nutzen. Das gilt bereits heute, verschärft sich durch den demographischen Wandel die nächsten Jahrzehnte massiv. Jedes Unternehmen, das 50 % des Talente-Pools ignoriert, weil es verkrustete Strukturen nicht aufbricht, schießt sich faktisch ins Knie.

 

Was können Unternehmen dafür tun?

Jeder Change-Prozess beginnt mit der Erkenntnis, dass es sinnvoll ist, immer mal wieder auf einem weißen Stück Papier neu anzufangen und alles einfach logisch durchzuplanen. Ein „Das-haben-wir-immer-schon-gemacht“ war noch nie ein valides Argument. Wird erkannt, dass weibliches und diverses Potenzial wegen struktureller oder kultureller Hürden in den Führungsetagen fehlt, sollte der Groschen fallen und Maßnahmen folgen.

 

Was Politik und Gesellschaft?

Wir diskutieren Gleichberechtigung immer noch zu engstirnig und zu wenig systemisch, was man gut an der Debatte rund um das Elterngeld sehen kann. Vordenkerinnen wie Doreen Rietentiet weisen zurecht darauf hin, dass eine Reform des Ehegattensplittings, mehr Kitaplätze, bessere Bezahlung von Erzieher*innen und Lehrer*innen, die Förderung von Frauen in der Politik und vieles mehr untrennbar zum Thema gehören. 

 

„Die wissenschaftlichen Fakten zur besseren Performance gemischter Teams sind eindeutig“

 

Und was jede*r Einzelne?

Wie besangen es schon En Vogue vor fast 20 Jahren: „Free your mind. And the rest will follow” Sei Teil der Veränderung, die du dir wünschst. Setze dich beruflich dafür ein, nutze die eigene Reichweite, wähle keine rechtsextremen Parteien. Zeige Zivilcourage und sieh nicht weg, wenn Menschen auf der Straße misogyn oder rassistisch angegangen werden.

 

Was tust du ganz konkret, beruflich und privat?

Im Team sind wir schon ganz gut aufgestellt, das größte Bottleneck ist aktuell noch zu wenig weiblicher und diverser Nachwuchs und zu wenig PropTech-Unternehmen mit weiblichen Gründerinnen. Wir setzen uns dafür ein, dass das Thema Gründung für Frauen als persönliche Karriere- und Lebensoption erkannt wird und nicht aus Sorge über die schwierige Vereinbarkeit mit Familie den vermeintlich sichereren Weg wählen. Hier sind wir, insbesondere meine Mitgründerin Anja Rath, seit vielen Jahren im Bundesverband Deutsche Start-Ups aktiv, der umfassend zum Thema publiziert und arbeitet, auch im politischen Berlin vor und hinter den Kulissen. 

 

Außerdem gehen wir an die Unis und werben auf vielen Events für die Gründung eines Venture-Capital-Unternehmens. Unsere Mitarbeiterinnen und Partnerinnen, aber auch alle im Team mit Migrationshintergrund, sind selbst Role Models und nutzen auf Social Media, als Podcast Hosts und als Autorinnen ihre und unsere Reichweite dafür.

 

Aufseiten des Investmentprozesses erhalten Teams von und mit Gründerinnen durch unsere fest implementierte ESG-Methodik im Investment-Prozess erhöhte Aufmerksamkeit. Zugleich vermeiden wir gut gemeinte, aber im Ergebnis oft schlechte Impulse, zum Beispiel, dass Gründerinnen immer nur mit weiblichen Kräften bei uns im Team sprechen. Auch durch regelmäßige Rückwärts-Überprüfung unserer Daten können wir einen negativen Selektions-Bias ausschließen. Das mögen manche doof finden, aber die wissenschaftlichen Fakten zur besseren Performance gemischter Teams sind eindeutig. Es gibt im Übrigen auch schon Venture-Kapitalgebende, die gezielt nur in Unternehmen mit divers besetzten Gründungsteams investieren, mit denen wir natürlich gerne zusammenarbeiten.

 

Privat wachsen unsere Töchter hoffentlich fern aller Genderklischees und mit einem „Alles-ist-machbar-Spirit“ auf. Meine Frau ist auch selbst „Can-Do-Managerin“ und ihr großes Selbstbewusstsein wurde erkennbar weitervererbt. 😉 Wir haben uns als Familie bewusst entschieden, in Berlin-Kreuzberg wohnen zu bleiben und die Kids nicht auf eine behütete Privatschule zu geben. Die Diversität im Kiez empfinde ich auch persönlich als griechisch-lettisch-deutsche Promenadenmischung als bereichernd.

 

 

 

 

 

„Leiste ich als Mann nur ein Lippenbekenntnis und betreibe Genderwashing, weil es auf LinkedIn gerade gut ankommt?“

 

Der Weg zu mehr Vielfalt in Führungsebenen geht nur gemeinsam. Wie gelingt es, die Männer mit an Bord zu holen?

Veränderung ist kulturell und psychologisch sowohl ultimative Chance als auch Bedrohung. Das mag vielleicht etwas radikal klingen, ist aber systemisch betrachtet logisch. Jeder Veränderungsprozess braucht Überzeugung und Kraft, um Barrieren zu sprengen und wirksam zu werden. Auf der anderen Seite ist Veränderung aber wie eine Naturgewalt. Klimakrise, neue Regulierung, neue Märkte, internationale Konkurrenz aus China und USA wartet nicht, bis der letzte Bedenkenträger bereit ist, einen kleinen Schritt zu machen. Unternehmensinhaber und -lenker müssen sich dieser Bedrohung bewusst werden und dann einfach beherzt das Richtige tun, um alle Kräfte nach vorne zu mobilisieren. 

 

Welchen Tipp oder Gedankenanstoß würdest du als Male Ally gerne anderen Männern geben?

Jeder Mann sollte sich fragen: Leiste ich nur ein Lippenbekenntnis und betreibe Genderwashing, weil es auf LinkedIn gerade gut ankommt oder schaffe ich wirklich Transparenz und setze sinnvolle Ziele, an den ich mich auch messe?

 

Frauen, von denen du Fan bist?

Das sind zu viele, um sie alle aufzuzählen. Dagmar Bottenbruch, eine der ersten Bank-Vorständinnen, die ich kennenlernen durfte, aktiver Business Angel, Multi-Aufsichtsrätin und – hoffentlich – gerade die Retterin der deutschen Silicon Valley Bank. Aygül Özkan, die sich unbeirrt durch bereits mehrere Männerdomänen durchgefräst hat und dabei in keiner Sekunde ihre positive Art verliert. Prof. Maja Göpel und Prof. Jutta Allmendinger, sicherlich zwei der intellektuell beeindruckendsten Personen unserer Zeit. Emma Mahla, Co-Founder unserer Beteiligung Beanstock, eine der stärksten Gründungspersönlichkeiten, die wir über all die Jahre gesehen haben. Und last but not least meine Co-Gründerin Anja Rath, unsere Partnerin Klara Ritter sowie meine private Frau Madeleine Samios und unsere beiden Töchter.

 

Welche Frau wärst du gerne mal für einen Tag?

Da ich großer Musik-Fan bin, wären das Erykah Badu, Jill Scott, Lianne La Havas, Chaka Khan, die Liste ist lang …

 

Hast du eine Superheldin, fiktiv oder real?

Nicht wirklich. Aber meine Frau hat noch den gelben Overall von Uma Thurmann aus Kill Bill im Schrank. Ich hoffe, das Schwert ist nicht auch noch irgendwo.