Franziska Dietzsch, 40, ist Mitgründerin und Geschäftsführerin von Klinker & Klunker, Netzwerkerin, zweifache Mutter. Gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin Nicole Engel bietet sie von Berlin aus bundesweit „kluges Projektmanagement“, das die Wünsche von Bauherr:innen oder Investor:innen in den Mittelpunkt stellt und alle Beteiligten an einen Tisch bringt. Für den stressfreien Um- oder Neubau von A bis Z.
Im F!F-Interview erzählt Franziska, wie sie von ihren Erfahrungen auf dem Bau, im Hörsaal und im Job profitiert, um über Fachgrenzen hinweg zu beraten oder zu dolmetschen.
Franziska Dietzsch ©
F!F: Du setzt dich sehr für die Sichtbarkeit von Frauen in der Immobilienbranche ein und gehst mit gutem Beispiel als Rednerin oder Beraterin
voran. Warum ist dir das ein Anliegen?
Franziska Dietzsch: Die IHK schrieb mal: ,Bunt ist besser.‘ Die Branche ist sehr in die Jahre gekommen und tut sich schwer, über den Tellerrand zu schauen, neue Sichtweisen einzunehmen. Frauen haben da viel Mehrwert zu bieten! Wir sind im Jahr 2025 und bewegen uns immer noch in einem sehr maskulinen, hierarchischen Umfeld.
Gleichzeitig scheuen viele Frauen sich zu zeigen. Es gibt so viele tolle Planerinnen, Architektinnen oder Handwerkerinnen, die in der Branche unterwegs sind. Auf Social Media werden sie inzwischen zwar sichtbarer. Aber insgesamt dürfen es noch wesentlich mehr werden.
F!F: Wie bist du - trotzdem - vor gut zwei Jahrzehnten auf die Idee gekommen, eine Ausbildung zur Malerin und Lackiererin zu machen?
Franziska Dietzsch: Alles fing mit einem Schülerpraktikum in der achten Klasse an. Zuerst war ich in einem Büro und fand das so langweilig. Den ganzen Tag am Schreibtisch, immer das Gleiche. Dann durfte ich ein Praktikum in einem Malerbetrieb machen: Kein Tag wie der andere, du kommst viel herum, siehst viel. Das hat mich neben dem Handwerklichen damals schon fasziniert. Ich komme aus einer Handwerkerfamilie und habe schon als Kind bei vielen Dingen mitmachen dürfen. Das hat sich dann in der Ausbildung fortgesetzt.
F!F: Was lag dir besonders?
Franziska Dietzsch: Die Gestaltung! Du kommst in ein Haus und hast die Möglichkeit, mit Farben und Materialien zu experimentieren, Dinge zu verändern. Mit deinen kreativen Ideen und deinen Händen. Das macht den Beruf sehr, sehr attraktiv und begleitet mich bis heute. Sei es, dass Andere meine Gestaltung umsetzen oder ich bei besonderen Projekten noch selbst den Blaumann anziehe, tapeziere, male und streiche. Einmal Gelerntes verlernt man nicht.
Was heute wesentlich schöner ist: Die Teams sind diverser geworden. Als ich angefangen habe, gab es in meiner Berufsschulklasse und auf den Baustellen nur Männer. Allenfalls war mal eine Tischlerin dabei. Wenn ich als junge Frau ankam, waren die Bauherren ganz überrascht: ,SIE ARBEITEN hier?‘ Hat aber auch dazu geführt, dass ich ganz tolle Baustellen machen durfte. Zum Beispiel bei der Omi im Altbauflur Treppe und Fenster lackieren, mit dem Meister zusammen. Ich durfte viele Sachen ausprobieren, und es war schön, dass dieses Vertrauen in mich da war.
„Im Job sehe ich die Bedürfnisse von Frauen vernachlässigt: Das fängt bei den sanitären Einrichtungen auf Baustellen an und hört bei den starren Arbeitszeitmodellen auf.“
F!F: Warum hast du dich entschieden, noch das Abitur zu machen und Architektur zu studieren?
Franziska Dietzsch: Ich habe gerade von den guten Seiten der Ausbildung gesprochen. Mitunter war sie aber auch hart. Oft bin ich nach Hause gekommen und habe gesagt: ,Ich mache das nicht mehr. Das ist so anstrengend, und die sind alle so gemein.‘ Fand ja nicht jeder Kollege toll, dass jetzt eine Frau mitwirbelt. Und da habe ich entschieden: Ich nutze mein Knowhow und befasse mich mit der Gestaltung nicht nur im Tun, sondern auch in der Planung. Ich habe bewusst das Architektur-Studium an einer Fachhochschule gewählt, mit Schwerpunkt auf den praktischen Themen.
F!F: Was hast du allein unter Männern als unangenehm empfunden?
Franziska Dietzsch: Du kommst morgens in den Betrieb, und dann wird aufgeteilt, wer mit wem fährt. Da gab es Kollegen, die gesagt haben: ,Die nehme ich nicht mit. Ich muss heute eine Fassade putzen. Die kann keine Eimer schleppen, die ist zu langsam und, und…‘ Es war schwer, dagegenzuhalten: ,Ich bin hier genauso eine Arbeitskraft wie du!‘ Oft gab es auch Sticheleien. Nach meiner Gesellenprüfung zum Beispiel war ich ganz euphorisch und bekam zu hören: ,Jetzt hast du das geschafft, dann kriegst du ein Kind und wanderst hinter den Herd.‘ Als junge Frau ist man noch nicht so schlagfertig, solche Sprüche treffen einen. Das hat mich natürlich geprägt, so dass wir auch heute als Klinker & Klunker-Team sagen: Lasst uns doch viel besser miteinander umgehen.
F!F: Was könnte das Handwerk aus deiner Sicht noch tun, um mehr Frauen zu gewinnen?
Franziska Dietzsch: Es gibt ja schon gute Angebote wie den Girls‘ Day, um aus den Stereotypen herauszukommen und Schülerinnen anzusprechen. Im Job sehe ich die Bedürfnisse von Frauen noch vernachlässigt: Das fängt bei den sanitären Einrichtungen auf Baustellen an und hört bei den starren Arbeitszeitmodellen auf. Wer sagt denn, dass man immer von sechs bis 15 Uhr auf der Baustelle sein muss? Das kann man doch flexibler machen, um Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen.
„Man kann sein Team so nach Fähigkeiten einsetzen, dass alle tun, wo sie Spaß bei haben.“
F!F: Was auch Männern zugutekäme oder älteren Mitarbeitenden?
Franziska Dietzsch: Richtig, das ist ja ein körperlich anstrengender Beruf. Mittlerweile könnten uns auch die Robotik und künstliche Intelligenz schon ganz viel abnehmen. Nicht, um im Fachkräftemängel Leute zu entlassen, sondern um sie zu entlasten. Aber viele Betriebe sind noch weit davon entfernt.
F!F: Es gibt zum Beispiel den Streich-Roboter.
Franziska Dietzsch: Ja. Wer schon mal eine Decke in einer Lagerhalle gestrichen hat, weiß, wie anstrengend es ist, lange über Kopf zu arbeiten. Es gibt ferngesteuerte Roboter, die die Farbe aufspritzen und in einer halben Stunde fertig sind, wo der Mensch zwei, drei Stunden beschäftigt ist. Bei der Zeitersparnis rechnet sich die Investition.
Gleichzeitig kann man sein Team so nach Fähigkeiten einsetzen, dass alle tun, wo sie Spaß bei haben. Das trägt ja auch zur Produktivität bei. Vielleicht kann eine Frau nicht so gut einen 25-Kilo-Eimer an jeder Hand schleppen. Aber dafür super abkleben und filigran arbeiten.
F!F: Nach dem Architektur-Studium hast du dich weiter als Facility Managerin spezialisiert. Prägt das heute euer Projektmanagement bei Klinker & Klunker, wo ihr von der Planung über den Bau bis zur Gestaltung begleitet?
Franziska Dietzsch: Tatsächlich hat mir in der Architektur der ganzheitliche Ansatz gefehlt. Es wird entworfen, gebaut – und dann sind der Architekt oder die Architektin weg. Mich hat aber interessiert: Was passiert mit den Bestandsimmobilien, den sanierungsbedürftigen Häusern? So bin ich zum Facility Management gekommen, das die Immobilie im gesamten Lebenszyklus betrachtet. Idealerweise sind Facility Manager:innen schon im Planungsprozess dabei und können viele Impulse für eine nachhaltige Bewirtschaftung geben, was auch die Kosten reduziert. Ein Beispiel: Vielleicht muss der feine Marmor in der Hotel-Lobby unnötig früh ausgetauscht werden, weil er falsch gereinigt wurde. Wenn wir heute in der Planungsphase dabei sind, schauen wir frühzeitig auf solche Themen, sei es beim Neu- oder Altbau: Was wurde geplant? Und was passiert mit den Materialien in zehn, 20 oder 30 Jahren?
„Wir sagen: Liebe Kundin, lieber Kunde, mache dir keine Sorgen, wir koordinieren alles.“
F!F: Wie kam euch die Geschäftsidee für die persönliche Projektbegleitung von A bis Z?
Franziska Dietzsch: Beim Bau unsers eigenen Hauses war ich selbst Kundin und habe festgestellt: Obwohl ich vom Fach bin, wurde im Bauprozess kaum auf meine Bedürfnisse eingegangen. In meinem Netzwerk habe ich meine Geschäftspartnerin und Co-Founderin Nicole kennen gelernt, die parallel auch ihr Haus gebaut hat, und wir fanden: Da darf sich noch sehr viel tun. Lass uns das zusammen alles frischer, moderner und toller machen.
F!F: Die Meisten starten ja hochmotiviert in Um- oder Neubau. Dann wird es anstrengend. Welche Stressoren könnt ihr als Klinker & Klunker nehmen?
Franziska Dietzsch: Ein Klassiker: Du steckst im Meeting, und der Lieferant ruft an. Er kommt mit dem Lkw nicht über den unbefestigten Weg zur Baustelle. Also stellt er die Bodenbeläge oder die Wärmepumpe vorn an der Bordsteinkante ab… Wir sagen da: Liebe Kundin, lieber Kunde, mache dir keine Sorgen, wir koordinieren alles.
Oder: Du möchtest in deinem Haus oder in deiner Wohnung etwas verändern, bist beispielsweise unzufrieden mit deiner Gasheizung und möchtest auf nachhaltige Energien setzen. Aber wen rufst du da am besten an? Wir kommen zu unseren Kund:innen, schauen uns Bedarf und Bedürfnisse an und finden jemanden aus unserem Netzwerk, der das mitbetreuen kann. Vor gut drei Jahren haben wir das Klinker & Klunker-Kollektiv gegründet, in dem wir beispielsweise auch Planer:innen oder Immobilienmakler:innen mit den Handwerker:innen zusammenbringen. Alle sind sonst immer in ihrer Blase und sprechen nicht miteinander. Diese Hemmschwellen lösen wir auf.
F!F: Die verschiedenen Gewerke sind für Außenstehende auch nicht immer leicht zu verstehen.
Franziska Dietzsch: Richtig, wir nennen das ,Fach-Chinesisch übersetzen‘. Das Thema Kommunikation kommt ja leider nicht in den Ausbildungen vor. Ich bin auf dem Bau groß geworden und kenne die Gepflogenheiten. Auf der Baustelle zum Beispiel erklärt ein Handwerker zuerst mir ein Thema, ich nehme dann die Kundensicht ein und erkläre es noch mal mit anderen Worten. Mittlerweile nehmen uns viele Architekt:innen auch deshalb gerne mit in die Planungsgespräche, weil wir noch mal einen anderen Draht zu unserer Kundschaft haben.
„Wir finden solchen Anklang bei den Bauherr:innen, weil wir anders arbeiten, miteinander statt gegeneinander.“
F!F: Fürchten euch manche als Konkurrenz statt eure Beratung zu schätzen?
Franziska Dietzsch: Wir bekommen schon mal zu hören: Jetzt spielt ihr da auch noch mit. Haben wir denn nicht schon genug Leute am Bau? Nein, gerade weil wir so viele sind, braucht es jemanden, der mit Kompetenz und Herz von außen auf das ganze Projekt schaut. Denn dabei sehen wir noch mal andere Themen oder Herausforderungen.
Wir kommen ja aus einer Ellenbogengesellschaft, wo viele wie in der Schule das Federmäppchen aufstellen: Abgucken ist nicht und teilen schon gar nicht! Aber wir finden solchen Anklang bei den Bauherr:innen, weil wir anders arbeiten, miteinander statt gegeneinander. Dabei kommen superschöne Projekte herum.
F!F: Nicht zuletzt, weil ihr euch auch um die individuelle Gestaltung kümmert: den Klunker.
Franziska Dietzsch: Genau. Es ist ja Fluch und Segen, dass man heute so viel Auswahl an wunderschönen Materialien hat. Auch da können wir die Sorge nehmen: Du brauchst nicht hundert Webseiten zu durchforsten. Wir zeigen Projekte, die wir schon umgesetzt haben, erstellen Moodboards oder Musterstellen, um herauszufinden, was gefällt. Und wir wissen, wo es die schöne Fliese oder exklusive Tapete gibt. So dass das Planen und Aussuchen wieder richtig Spaß macht. Und keinen Stress.
Das Interview führte Liane Borghardt.
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